54 Im Anfang war das Wort


Öffnet ihm wenn er kommt

Textquelle: Das Neue Testament - Einheitsübersetzung, 2017 - JOH 1, 1-5.9-14

 

"Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts, was geworden ist. In ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit".


Predigt am 2. Sonntag nach Weihnachten 2020


Öffnet ihm wenn er kommt

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder in Christus Jesus,

heute am zweiten Sonntag nach Weihnachten wurde noch einmal der Beginn des Johannesevangeliums, der sogenannte Prolog, verkündet. Nach Sylvester und dem Weihnachtshochfest, bereits zum dritten Mal. Es handelt sich also ganz offensichtlich um einen wichtigen Text.

Dieser beginnt mit „Im Anfang – war das WORT“ und erinnert damit sofort an den Beginn der Bibel, die Schöpfungsgeschichte im Buch Génesis, wo es heißt „Im Anfang – erschuf Gott Himmel und Erde“. In beiden Texten spielt also das WORT – griechisch LOGOS – die entscheidende Rolle. Dabei wird dieses griechische Wort LOGOS nicht einfach der Sprache gemäß, nur mit <WORT>, sondern vielmehr auch mit <SINN> übersetzt. Den Sinn des eigenen Lebens entdecken und seiner persönlichen Berufung nachspüren, das ist wichtiger als Macht, Reichtum und Anerkennung. Und genau von diesem WORT, das uns erneut einladen will „Söhne und Töchter Gottes zu werden“ – wie es später im Text heißt – davon ist heute die Rede.

 

Denn: „In ihm – dem WORT – war das Leben und das Leben war das LICHT der Menschen“. Gemeint ist damit nicht ein natürliches, äußeres Licht, sondern ein LICHT, das uns und unser ganzes Leben von innen heraus erleuchtet. Nämlich – das, an das göttliche WORT gebundene LICHT in der Person Jesus von Nazareth. Dem lebendigen Sohn Gottes, der vom Himmel herabgestiegen und uns Menschen gleich, Fleisch geworden ist. Seine Geburt brachte und bringt LICHT in die Finsternis dieser Welt. Dieses LICHT hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen. Jesus kam nicht, um die Welt in Besitz zu nehmen, sondern um sie zu verwandeln. Dieses LICHT hat uns vorgelebt und gezeigt, was es heißt, den Sinn des eigenen Lebens zu erkennen und seiner persönlichen Berufung zu folgen. In ihm also und seinem WORT hat sich Gott uns geoffenbart. Deshalb kann der Evangelist sagen: Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht. Und wir Christen bekennen im Glauben: „Gott von Gott, LICHT vom LICHT / wahrer Gott vom wahren Gott / gezeugt, nicht geschaffen / eines Wesens mit dem Vater“.

 

Später, im Streitgespräch mit den Juden, wird Jesus über sich selbst Zeugnis ablegen und sagen: „Ich bin das LICHT der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das LICHT des Lebens haben“. Das heißt so viel, wie: Jede und Jeder, der auf sein WORT hört und ihm nachfolgt – in WORT und TAT – wird hier auf Erden selbst zum LICHT; zum LICHT für Andere. Ihr bzw. ihm ist ein sinnhaftes Leben in Fülle – nicht erst im Himmel, sondern schon heute, hier und jetzt, zugesagt. Ich möchte dies gerne an zwei Beispielen veranschaulichen.

 

Die moderne Wissenschaft sagt, dass bereits bei unserer Geburt, 98 % unseres gesamten menschlichen Potenzials, angelegt ist. Die Charismen und Talente sind also schon da – sie müssen nur entdeckt, entfaltet und gepflegt werden, damit sie sich entwickeln können und nicht verkümmern, oder gar brachliegen. Die Frage aber ist: Kenne ich meine Talente überhaupt? Setze ich sie bewusst und an der richtigen Stelle ein? Leuchtet mein – im Bilde gesprochen – Inneres LICHT? Das heißt: Stehe ich in seinem WORT und handle dementsprechend? Ganz offen gesagt – mir persönlich hat dabei immer geholfen, in der hl. Schrift zu schauen, was Jesus in der jeweiligen Situation sagt – und dann – was er tut. Das wurde uns schon in der Grundschule von Pfarrer Joseph so beigebracht und daraus hat sich für mich – in Freud und in Leid – immer etwas ‚zum Guten hin‘ entwickelt.

 

Das zweite Beispiel beleuchtet mein bzw. unser WORT – also wie wir mit- bzw. übereinander reden. Die Gedanken sind frei – heißt es in dem schönen Lied – aber schon der schlaue Fuchs bei A. de Saint-Exupéry wusste: „Die Menschen sind voller Widersprüche und die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse“. Deshalb lohnt es sich, in Anbetracht tausender Lügen und Fakes täglich weltweit, einmal meine ganz persönliche Sprache ‚kritisch‘ zu reflektieren. Wie rede ich? Bin ich offen, ehrlich, achtsam, wahrheitsgetreu – oder eher nicht? Rede ich gerne über den Anderen, oder direkt mit ihm? „Du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten“, so das – vielerorts in Vergessenheit geratene – achte Gebot. Deshalb sollte ein Christ ehrlich, klar und aufrecht, ohne die Wahrheit zu verbiegen, ganz offen sagen, was er denkt.

 

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder in Christus Jesus,

der Beginn des Neuen Jahres 2020 bietet jedem die Chance, sich auf seine ganz persönliche Verantwortung innerhalb seines Umfelds zu besinnen und – gegebenenfalls – einen Neuanfang zu wagen. Dabei kann uns die Lebensphilosophie des Apostels Paulus helfen, der sagt: „In der Erkenntnis Jesu Christi ist Alles Andere in meinem Leben sinnlos und ohne Bedeutung“. Als vor ein paar Tagen in Berlin ein Jugendlicher gefragt wurde, was er sich fürs neue Jahr vorgenommen hat, sagte er: „Ich will jeden Tag mit einem Lächeln durchs Neue Jahr gehen“.

 

Das – liebe Schwestern und liebe Brüder – das wünsche ich auch Ihnen von ganzem Herzen – viel Lebensfreude, Tatkraft, ein friedvolles Miteinander und bei allem fürs Neue Jahr 2020 Gottes Segen.   Amen.