Tag 3 Misurina


Freitag, 28.04.2006 / Lucknerhaus / Fahrt durchs Pustertal nach Südtirol / Naturpark Fanes-Sennes-Prags / Soldatenfriedhof Nasswand-Toblach / Erkundungstour in Misurina und Lavaredo / Biwak in Lavaredo

Bis 7.00 Uhr durchgeschlafen. Morgentoilette. Frühstück mit heißem Kaffee und Vögelchen. Leichtes Kopfweh. Die Höhe oder zu wenig getrunken? Regen in Strömen. Am Großglockner geht heute und die nächsten Tage sicher nichts. Wohl frühestens am Montag wieder. Lucknerhauswirt macht hier gerade den Parkplatz sauber. Ich wollte ihm 5 Euro geben, die er aber nicht annahm. Ehrliche und stolze Leute hier - was mir gefällt. Er sagt, sonst wäre hier relativ viel los - es ist Skitourensaison; Aber freilich - das schlechte Wetter. OK! Auch meine Entscheidungen sind gefallen. Habe vor, nach Südtirol Richtung Cortina d'Ampezzo und den Drei Zinnen zu fahren, um die Schlechtwetterphase einigermaßen sinnvoll zu überbrücken. Dann - Anfang nächster Woche, Montag oder Dienstag möchte ich noch mal hier schauen - was geht. Noch einige Fotos vom Ködnitztal und vom Großglockner gemacht, der sich aber nie vollständig zeigte.

Danach gemütliche Fahrt durchs Pustertal in die Sextener Dolomiten zum Fuße der Drei Zinnen. Auf dem Weg dorthin im Höhlensteintal den Naturpark Fanes-Sennes-Prags und den Soldatenfriedhof Nasswand besucht. Traumhaft schön liegt Misurina (1756 M) - ähnlich wie St. Moritz - vor einem gefrorenen Gletschersee und ringsherum die Dolomitenberge*5 mit ihren formschönen Zacken - hier auch 'Unholde' genannt. Komme gerade zurück von einer kleinen Erkundungstour zum Fuß der, von Lavaredo aus gesehen, linken Zinne (Ostzinne). Ich konnte dieselbe aber erst im Gespräch mit zwei Schneetourengehern identifizieren. Bin viel auf den ca. 12 cm breiten Randsteinen gelaufen - wie früher, als Kind. Wir sagten 'Mäuerlelaufen' dazu. Natürlich mit meiner Oma, die mir ihre Hand zur Sicherheit reichte, was ich aber nie wollte. Training für die vielleicht fußbreite, 8-10 Meter lange Scharte*6 oben auf 3766 Meter Höhe. Nun - auf meine Oma ist Verlass. Sie wird mich sicher hinüber und wieder herüber führen. Gott sei Dank. Im entscheidenden Augenblick ist sie immer da - und hilft. Ich habe ihr viel zu verdanken. Vorher aber wird mir mein 'Seilgefährte' sagen, ob ich es wagen kann - oder nicht.

Wenn es nicht regnet, werde ich morgen eine Tour machen - zur Auronzo-Hütte am Fuße der kleinen Westzinne. Abends vielleicht ein Gottesdiensbesuch in Cortina d'Ampezzo. Ich freue mich darauf. Rosi habe ich übrigens heute Morgen telefonisch erreicht und kurz gesprochen. Übermorgen, am Sonntag, so haben wir ausgemacht, werde ich mich wieder melden. Übrigens die Vögel - sie zwitschern ganz intensiv zu ganz bestimmten Zeiten - was ich beobachte, aber nicht verstehe. Vielleicht verabschieden sie den zu Ende gehenden Tag und begrüßen den beginnenden, neuen Tag. Vielleicht - weil sie zwitschern immer sehr intensiv ca. 1 1/2 Stunden vorher. Nun - sie werden den Herrn loben - wie ich. Wir gemeinsam - schon seit vielen Jahren. Vogelgesang, Rauschen von Schmelzwasser, und ab und an ein Steinschlag an den großen, steilen Wänden sind die einzigen Geräusche rings herum. Aber das Wetter schlägt jetzt um - ich sehe deutliche Kaltfrontzeichen am Himmel. Es hat auch schon leicht abgekühlt. Ich werde bald in mein Bettchen kriechen und noch etwas lesen. Habe in Lienz ein interessantes Buch gekauft - es handelt von einer 37-jährigen, krebskranken Frau. Es heißt: 'Der Falkner'.

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*5 Misurina - 'Die Perle der Dolomiten' - ist umgeben von den Drei Zinnen, dem Monte Piana, der Cadini-Gruppe, dem Monte Cristallo und weiter im Süden von Marmarole und Sorapis.

*6 Die beiden Fragen, welche tatsächlichen Bedingungen ich an der Oberen Glocknerscharte antreffe und mittels welcher Technik diese am besten und sichersten zu meistern ist, beschäftigte mich seit Monaten. Einfach geradeaus drüber gehen - oder in 'Side-Step-Technik', wo man mit den Füßen quer zur Scharte steht und in die abfallenden Rinnen blickt. Nach Norden die 55° steile und 600 Meter hohe Pallavicinirinne und nach Süden die Pillwaxrinne, die die gesamte Südwand des Glockners durchzieht. Da ich die 'Einfach-Geradeaus-Drüberlauf-Technik' favorisiere, übe ich diese mental und praktisch durch 'Mäuerle- und Randsteinlaufen' jetzt immer wieder ein.

                                                                                                                                                                                         2  Tag 3  4