26 Die Versuchungen Jesu


Jesus voll heiligen Geistes

Textquelle: Das Neue Testament - Übersetzung von Fridolin Stier, 1989 - LK 4,1-13

 

"Jesus aber, voll heiligen Geistes, kehrte vom Jordan zurück und wurde – durch den Geist in die Ödnis gebracht – für vierzig Tage vom Teufel versucht. Und er aß nichts in jenen Tagen. Und als sie vollendet waren, wurde er hungrig. Sprach der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich zu diesem Stein, dass er Brot werde. Aber Jesus antwortete ihm: Es ist geschrieben: Nicht von Brot allein lebt der Mensch. Und er brachte ihn hinauf, zeigte ihm alle Königtümer der bewohnten Welt in einem Augenblick. Und der Teufel sprach zu ihm: Dir gebe ich all diese Vollmacht und ihre Herrlichkeit; denn mir ist sie übergeben. Und wem ich will, gebe ich sie. Wenn du dich nun vor mir tief verneigst, gehört dir alles. Da hob Jesus an und sprach zu ihm: Es ist geschrieben: Tief verneigen sollst du dich vor dem Herrn, deinem Gott, und ihm allein den Dienst tun. Er brachte ihn nach Jerusalem, stellte ihn auf die Zinne des Heiligtums und sprach zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürze dich da hinab! Denn es ist geschrieben: Seinen Engeln gibt er Weisung deinethalben, dich zu behüten. Und: Auf Händen tragen sie dich, damit du mit deinem Fuß nicht stößt an einen Stein. Da hob Jesus an und sprach zu ihm: Es ist gesagt: Versuche nicht den Herrn, deinen Gott! Und als alle Versuchung vollendet war, wich der Teufel von ihm – bis zur Zeit."


Predigt in der Fastenzeit 2013


Der Mammon - Gier nach Materiellem

Liebe im christlichen Glauben versammelte Gemeinde,

zu Beginn seines öffentlichen Wirkens wird Jesus vom Geist in die Wüste geführt. Wüste – ein Ort, wo Grenzerfahrungen möglich sind. Ein Ort auch – besonderer Gottesnähe. Hier kann mich nichts mehr ablenken. Hier bin ich ganz und gar auf mich allein gestellt – auf mich allein geworfen. Wer sich in die Wüste begibt, setzt sich bewusst dieser Stille und Leere aus. So auch Jesus heute. Es heißt, er bleibt dort vierzig Tage. Vierzig – eine symbolische Zahl. Die Zeit, die notwendig ist für Reinigung, Gebet und Klärung seines religiösen Auftrags.

Auch erinnert uns die Zahl vierzig an Elija, der vierzig Tage durch die Wüste wandern – und an das Volk Israel, das vierzig Jahre durch die Wüste wandern musste. Was Israel und Elia erlebten, genau dies durchlebt Jesus jetzt innerhalb seiner vierzig Wüstentage. Es ist ein Neubeginn seines persönlichen Glaubens- und Erfahrungsweges mit Gott. Und seine Fragen sind doch immer wieder auch unsere Fragen.

  •  Was trägt mein Leben? Was sichert meine Existenz?
  •  Was nährt meinen Leib und meine Seele?
  •  Wem vertraue ich? Wem diene ich? Zu wem gehöre ich?

Alle diese Fragen fordern letztlich eine Entscheidung von jedem Einzelnen von uns – ganz persönlich. „Und wenn du dich für mich, Gott, entscheidest und meine Weisungen einhältst, dann wird es dir gut ergehen. Das verspreche ich Dir“. Es geht also um die Beziehung zwischen mir und Gott – und vor allem um meine / unsere Antwort auf die Zuneigung Gottes. Und genau in diese Beziehung dringt immer wieder der Versucher, früher auch der Teufel oder Satan genannt. Er will mich und Gott auseinanderbringen. Er will mich von Gott wegführen.

Schauen wir nochmal auf die Versuchungen Jesu im heutigen Evangelium. Die erste, die Brotversuchung, das Habenwollen, die Gier nach Materiellen und allem Machbarem. Jesus hält Stand, indem er sagt, der Mensch lebt nicht vom Brot, sondern von jedem Wort aus Gottes Mund. Dann die zweite Versuchung. Der fromm verkleidete Hochmut, der Gott zu einer bestimmten Tat zwingen will, und den Jesus abwehrt: „Du sollst den Herrn, deinen Gott nicht auf die Probe stellen.“ Und drittens die Grundversuchung des Menschen überhaupt. Die Macht, über andere bestimmen zu wollen. Die Macht, sich sozusagen selbst zu Gott zu erheben.

So lädt uns dieses Evangelium zu Beginn der Fastenzeit immer wieder ein, unser Gewissen neu zu erforschen. Bin ich entschlossen und kräftig genug, allen Versuchungen zu widerstehen? Bin ich bereit, wieder neu in die Beziehung zu Gott zurückzukehren, um seine Gnade an mir wirken zu lassen? Letztlich die Frage des ersten Gebots. Werde ich den Herrn meinen Gott, mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all meiner Kraft, lieben? Werde ich mich erneut für ihn entscheiden?

Liebe Schwestern und Brüder in Christus Jesus,

bei Facebook, einer modernen Kommunikationsplattform, wurde letzte Woche, nach dem Rücktritt von Papst Benedikt, die Frage gestellt. Was machen Christen eigentlich anders? Astrid, ein junges Mädchen antwortete. „Wir glauben an Jesus Christus, den einzigen wahren und lebendigen Gott. Durch ihn haben wir inneren Frieden, Vergebung und Gnade. Seine Liebe ist in uns und wir geben diese Liebe an andere weiter.“ Und Tabea postete auf die gleiche Frage. „Leider gar nichts, es sei denn, wir lassen uns täglich neu füllen von seinem Heiligen Geist. Nur dann können wir die Charakterzüge Jesu weitergeben und nur dann sind wir anders; durch die Liebe, den Frieden, die Langmut, die Sanftmut, die Freundlichkeit. Ja und daran glaube ich und es verändert sich etwas in meinem Leben.“ Paulus könnte es besser nicht sagen; und so wünsche ich Ihnen für heute und die kommende Zeit von ganzem Herzen diese Erfahrungen der beiden jungen Mädchen. Amen.