24 Der fremde Wundertäter


Wer nicht gegen uns ist ist für uns

Textquelle: Das Neue Testament - Übersetzung von Fridolin Stier, 1989 - MK 9,38-41

 

"Sagte Johannes zu Jesus: Lehrer, wir sahen einen, der in deinem Namen Abergeister austreibt und wir wollten ihm wehren, weil er uns nicht folgt. Aber Jesus sprach: Wehrt ihm nicht! Es gibt doch niemand, der eine Krafttat auf meinen Namen hin vollbringen und so leicht mich schmähen könnte. Ja, wer nicht gegen uns ist, der ist für uns. Denn: Wer mit einem Becher Wasser euch tränkt, namens dass ihr zum Messias gehört – wahr ists, ich sage euch: Er wird seinen Lohn nicht zugrunde richten."


Predigt im Jahreskreis 2012


Der fremde Wundertäter

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder in Christus Jesus,

in einem neugeistlichen Lied singen wir: „Dein Geist weht, wo er will, wir können es nicht ahnen – er greift nach unsern Herzen und bricht sich neue Bahnen.“ Hier wird eine Erfahrung ausgedrückt, die Menschen immer wieder gemacht haben – und – mit der sich Menschen bis auf den heutigen Tag – auch immer wieder schwertun. Denn Gott schenkt seinen Geist, wem er will, wie er will und wann er will. Zum einen ‚hochoffiziell’, beispielsweise bei der Firmung durch Handauflegen; zum anderen aber oft auch im Verborgenen – also ohne Priester, ohne Bischof, ohne Amtskirche. Für alle sichtbar ist dann aber die Freude und die Begeisterung. Da geht auf einmal jemandem ein Licht auf. Für alle sichtbar ist dann auch die Wirkung, die ein solcher Mensch auf andere ausübt.

Im heutigen Evangelium hören wir, wie ein Fremder auf eigene Faust agiert. Wir hören, wie dieser Fremde Menschen heilt und Wunder tut, ohne sich dabei Jesus und seinen Jüngern anzuschließen. Wie aber reagieren diese? Vermutlich so, wie auch wir reagiert hätten. Mit Angst, Unsicherheit und Neid. Der Fremde ist ja ein potentieller Konkurrent. So schnell wie möglich soll ihm deshalb das Handwerk gelegt werden. Jesus aber reagiert ganz anders und sagt gelassen: „Lasst ihn ruhig gewähren – denn wer nicht ausdrücklich gegen uns ist, der ist für uns.“ Aus seiner Reaktion spricht sehr viel Weitherzigkeit und Toleranz. Eine Grundhaltung, die auch uns als Christen prägen sollte.

Deshalb nämlich hat keine der Kirchen und keiner der Amtsträger, auch kein einzelner, noch so frommer Christ das Monopol für sich gepachtet, dass nur sie, oder er, allein, im Namen Jesu wandeln und handeln kann. Wer dennoch solche Absolutheitsansprüche stellt, wird fanatisch und ‚eng‘ und muss sich, so wie die Jünger hier, von Jesus zurechtweisen lassen. Soll denn Gottes Geist nicht die Freiheit haben, auch durch andere Menschen zu uns zu sprechen? Darf er denn nicht zum Propheten machen, wen er will?

Zum Beispiel die Menschen von Greenpeace, die sich oft mit Leib und Leben für die Erhaltung unserer Erde einsetzen - auch wenn sie sich dabei nicht ausdrücklich auf die heilige Schrift berufen. Oder die Leute von Amnesty International, die jahrelang kämpfen, um z.Bsp. Menschen, die wegen ihres Glaubens verfolgt und gefoltert werden, frei zu bekommen – ohne sich ausdrücklich auf das Evangelium zu beziehen. Oder wieso sollte Gott nicht auch einmal durch einen Dichter, einen Popstar, einen Arbeitskollegen oder Nachbarn zu mir sprechen? Oder die vielen kleinen Propheten des Alltags, die wir oft gar nicht bemerken. Ein Bauernsohn beispielsweise, der zwar schon lange nicht mehr in der Kirche war, aber seit vielen Jahren seine schwerkranke Mutter pflegt.

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,

„Dein Geist weht, wo er will – ist Antrieb für die Liebe.“ So bekennen wir an der für uns entscheidenden Stelle des Liedes. Alles was letztlich zu ihm – Jesus und seinem Vater – führt, ist gut. Es darf nicht nur bleiben, sondern muss leben und wachsen. Es ist Einladung und Tataufruf an mich, mitzuhelfen, dass mein Leben und das, der mir Anvertrauten, mit Gottes Hilfe immer besser gelingt. Dabei kommt es auf die ganz einfachen, oft auch ganz in der Nähe liegenden Dinge an. Dem Dürstenden – ein Glas Wasser geben. Dem Hungernden – ein Stück Brot. Gott kommt es immer auf das Gute an. Amen.