14 5 Brote & 2 Fische


Fische soviel sie wollten

Textquelle: Das Neue Testament - Übersetzung von Fridolin Stier, 1989 - JOH 6,1-15

 

"Danach ging Jesus weg, jenseits über den See von Galiläa – den von Tiberias. Viele Leute folgten ihm, da sie die Zeichen schauten, die er an den Kranken tat. Jesus aber ging den Berg hinauf, und dort setzte er sich mit seinen Jüngern. Es war aber nahe das Pascha – das Fest der Juden. Als Jesus die Augen hebt und schaut, wie viele Leute zu ihm kommen, sagt er zu Philippus: Wo sollen wir Brot kaufen, dass sie zu essen haben? Das aber sagte er, um ihn zu versuchen; er selber wusste ja, was er zu tun vorhatte. Philippus antwortete ihm: Brot für zweihundert Denare ist nicht genug für sie, damit jeder nur ein bisschen bekommt. Sagt zu ihm einer von seinen Jüngern – Andreas, der Bruder des Simon Petrus: Ein Knabe ist hier; der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Doch das – was ist es für so viele? Sprach Jesus: Macht, dass die Menschen sich niederlassen. Es war viel Gras an dem Ort. Sie ließen sich also nieder – die Männer um fünftausend an der Zahl. Jesus nahm also die Brote, sprach den Dank und teilte den Gelagerten aus; desgleichen auch von den Fischen – soviel sie wollten. Als sie dann voll gesättigt waren, sagt er zu seinen Jüngern: Sammelt die überschüssigen Brocken, dass nichts zugrunde geht. Sie sammelten nun und füllten zwölf Körbe mit Brocken – von den fünf Gerstenbroten, die denen, die gegessen hatten, überschüssig waren. Als nun die Menschen sahen, welch ein Zeichen er getan hatte, sagten sie: Das ist wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll. Da Jesus nun wusste, dass sie kommen und ihn gewaltsam entführen wollten, um ihn zum König zu machen, entwich er abermals auf den Berg – er allein."


Predigt im Jahreskreis 2009


Selber sein wie Brot

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder im Herrn,

vor einiger Zeit machte ein englischer Journalist ein – wie ich finde – sehr interessantes Experiment. Er kaufte sich ein großes Brot und stellte sich damit an belebte Straßenecken in verschiedenen Städten dieser Welt. Die Leute, die vorbeigingen, forderte er auf, für dieses Brot eine Stunde lang für ihn zu arbeiten. Folgendes hat er hierbei erlebt: In Hamburg lachte man ihn aus, mit seinem Brot. In Chicago wurde er von der Polizei festgenommen. Im afrikanischen Nigeria fanden sich etliche, die für das Brot drei Stunden arbeiten wollten. Und in Indiens Hauptstadt Neu Delhi standen in kürzester Zeit mehrere hundert Menschen um ihn herum. Sie alle waren bereit, einen ganzen Tag für das Brot zu arbeiten.

Eine interessante Geschichte – wohl am ehesten für jüngere Menschen, die in einer Zeit aufwachsen, in der es vermeintlich ‚alles gibt‘. Den Wert eines Brotes schätzen – konnten sie nie richtig lernen. Es hat ihnen an Brot nie gemangelt. Ältere Menschen können das oft nicht verstehen. Sie erinnern sich an die Zeit, in der das Brot Scheibe für Scheibe eingeteilt wurde, damit es auch ja bis zum nächsten Sonntag reicht. Ich selbst kann mich noch gut an dieses Bild erinnern – mein Opa mit dem riesigen Brotlaib im Arm, Scheibe für Scheibe abschneidend. Zwei solcher Laibe hielten einen ganzen Monat. Brot ist also ein Lebensmittel, was wörtlich heißt: Ein Mittel zum Leben. Für viele heute – ein Mittel zum Überleben. Auch z.Zt. Jesu, in Israel, war das Brot neben dem Wein, das Lebensmittel schlechthin. Ohne Brot und Wein – Wein meint eher einen einfachen Most – war kein Essen denkbar. Sich das nötige Brot für den Tag zu verschaffen, darum drehte sich alles. Auch deshalb lehrte Jesus seinen Jüngern „Unser tägliches Brot gib uns heute“, was so viel heißt wie: Das Brot für den heutigen Tag gib uns bitte heute. An das Brot vom nächsten Tag haben sie noch gar nicht gedacht.

Jesus geht aber noch einen Schritt weiter und sagt: „Ich bin das Brot des Lebens“, was heißt: Ich, Jesus, bin so lebenswichtig für euch, wie das tägliche Brot. Ihr braucht mich, um am Leben zu bleiben.

Brot, so wichtig es ist – es macht nur äußerlich satt – stillt nur den äußeren Hunger. Aber euer innerer Hunger, euer Lebenshunger nach Zufriedenheit, nach Glück und nach dem Sinn des Lebens, der bleibt. Diesen Hunger könnt ihr nur stillen, wenn ihr euch auf mich einlasst. Denn – „Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird leben in Ewigkeit.“ Wie aber kann ich nun diesen Jesus – im übertragenen Sinn – essen? Wie kann ich mir dieses Lebensmittel Jesus, das den Lebenshunger in einem tiefen Sinn stillen will, einverleiben? Nun – ganz einfach, indem ich ihn annehme und aufnehme, so, wie er sich als Mensch gezeigt hat. Indem ich an ihn glaube und ihm vertraue. Indem ich ihm nachfolge und mich dort, wo ich hingestellt bin, in seinen Dienst nehmen lasse. „Ich bin da – darauf kannst du dich verlassen“, sagt Jesus uns in jedem Abendmahl wieder neu. Und wer dies glaubt und seinem Ruf folgt, der hat das ewige Leben – schon heute, hier und jetzt.

In dem Lied ‚Das Weizenkorn muss sterben‘ von Lothar Zenetti heißt es in den letzten beiden Strophen: „Wer dies Geheimnis feiert, soll selber sein wie Brot – so lässt er sich verzehren, von aller Menschennot. Als Brot für viele Menschen, hat uns der Herr erwählt – wir leben füreinander, und nur die Liebe zählt.“ Amen.